Mein Vortrag ist ein Plädoyer für den Zweifel. Anstatt in ihm ein zu überwindendes Übel zu sehen, auf dem Weg zu Können, Wissen und Weisheit, verstehe ich ihn als Produktivkraft, auf die es sich einzulassen gilt. Für Lehrende kann es sinnvoll sein, sich auf Pfade zu begeben, die ihnen selbst nicht vertraut sind (die Un-Möglichkeit von Vermittlung); Bereiche der ästhetischen Produktion zu erforschen, die sich dem eigenen, kontrollierten Zugriff entziehen (widerspenstiges Material, mediale Störungen); oder Phänomene miteinzubeziehen, welche die Subjektivierung über die ästhetische Produktionen nicht mehr unterstützen (digitale Artefakte wie Memes). Es ist gerade im Zeitalter der Digitalität wichtig, einen Raum zu eröffnen, in dem es möglich ist, sich auszuprobieren, zu experimentieren und dabei auch zu scheitern. Ansonsten bleibt Bildung weiterhin ein starres Festhalten an bestehenden Machtverhältnissen, am hierarchischen Prinzip des Schulmeisters, das es zu überwinden gilt. Der Zweifel als Werkzeug für ein zeitgemäßes Lehren und Lernen weist über das Systems Schule hinaus zu einem Lernen, das bereits ohne Bücher, Lehrer*innen und institutionelle Rahmung innerhalb der Digitalität stattfindet und den aktuellen Anforderungen immerwährender Veränderungen entspricht.
Dr. Jan G. Grünwald arbeitet an der Leibnizschule in Offenbach. Sein Referendariat absolvierte er am Goethe Gymnasium in Frankfurt am Main. Zuvor vertrat er die Professur für Didaktik am Institut für Kunstpädagogik der Justus-Liebig-Universität Gießen (2013/14) und war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Neue Medien am Institut für Kunstpädagogik der Goethe Universität Frankfurt (2005-2013). Seine Arbeitsschwerpunkte sind Bildkulturen, Räume, kritische Kunstvermittlung, Gender Studies, geschlechtsspezifische Widerstandsstrategien und Web 2.0. jangruenwald.tumblr.com